Deutsche Leichtathletik-Mehrkampfmeisterschaften 2020:
Sandrina Sprengel konnte sich über die deutsche Vizemeisterschaft im Siebenkampf der WU18 mit 5.437 Punkten freuen. Finn Schulz war einerseits happy, das Ziel „Top 10“ mit dem 9. Rang im Zehnkampf der MU18 erreicht zu haben, haderte aber andererseits, dass er mit 6.481 Punkten um ganze 5 Punkte den 8. Rang verpasst hatte. Niklas Kretschmer, der den Mehrkampf der Männer erst einen Tag später bei strömenden Regen aufgenommen hatte, kam im Zehnkampf gar nicht so richtig in den Wettkampf hinein und beendete nach dem Kugelstoßen den Wettkampf.
Sandrina Sprengel ging im Siebenkampf der WU18 in einem sehr starken und auch großen Feld mit insgesamt 27 Qualifizierten an den Start. Wenn man berücksichtigt, dass in diesem Jahr bereits sechs U18-Siebenkämpferinnen Punktzahlen mehr oder weniger deutlich über der EM-Norm von 5.300 Punkten erzielt haben, kann man einschätzen, wie hoch das Niveau der U18-Siebenkämpferinnen aktuell in Deutschland ist. Sandrina Sprengel startete in diesem klasse Feld bei tropischen Temperaturen am ersten Wettkampftag über die 100m-Hürden und unterbot ihre persönliche Bestmarke (PB) gleich um zwei Zehntelsekunden auf hervorragende 14,13s. Damit lag sie in der Spitzengruppe. Doch der folgende Hochsprung verlief in Vaterstetten nicht wunschgemäß. Anfangs überwand sie noch alle Höhe bis 1,60m deutlich. Doch dann schlichen sich Probleme im Anlauf ein. Sie verlor ihre Souveränität und musste sehr kämpfen. 1,63m schaffte sie erst im zweiten Versuch und „schon“ bei 1,66m schied sie leider unter Wert bei dieser Disziplin aus, hatte sie in diesem Jahr doch auch schon 1,70m übersprungen. Mit neuer Motivation begann Sandrina im Kugelstoßen gleich im ersten Versuch wieder mit einem guten Versuch auf 13,08m. Damit kam sie bereits bis auf einen halben Meter an ihre persönliche Bestleistung heran. Bei den weiteren Versuchen konnte sie ihre Weite nochmals bestätigen, aber nicht mehr verbessern. Als beim abschließenden 100m Lauf am ersten Tag die Uhren für Sandrina bei 12,66s stehen blieben, war dies nochmals etwas unter ihren Erwartungen. Dennoch lag sie damit nach dem ersten Wettkampftag auf Rang 5, aber noch in Schlagdistanz bis hin zu Rang 2.
Am Finaltag bei inzwischen wolkiger und kühler Witterung wollte die LGSZ-Athletin ihre Chancen ganz offensichtlich nutzen. Mit 5,74m im Weitsprung erzielte sie die zweitbeste Weite aller Teilnehmerinnen. Als sie anschließend im Speerwurf mit starken 41,65m erneut die zweitbeste Leistung im Feld folgen ließ, hatte sie sich vor dem abschließenden 800m Rennen auch im Gesamtklassement auf Rang 2 vorgeschoben und sich einen Vorsprung von ca. 10 Sekunden auf die Drittplatzierte erarbeitet. Bei inzwischen strömendem Regen teilte Sandrina Sprengel die 800m sehr klug ein. Während die Konkurrentinnen vorne losstürmten und Sandrina schnell 50-60m abgenommen hatten, holte die LG Steinlach-Zollern-Siebenkämpferin nach gleichmäßigem Beginn immer weiter auf. Im Ziel hatte sie auf die Siegerin des Laufes nur noch zwei Sekunden Rückstand und konnte die Silbermedaille souverän verteidigen. In der Gesamtwertung siegte die Vogtländerin Serina Riedel, die mit 5.818 Punkten einen neuen deutschen Jugendrekord für die U18 aufstellte, aber ein Jahr älter ist als Silbermedaillengewinnerin. Die LG Steinlach-Zollern-Athletin ist damit erstmals in ihrer noch jungen Karriere stärkste Siebenkämpferin des jüngeren Jahrganges 2004 bei deutschen Titelkämpfen gewesen.
Nach diesem Saisonhöhepunkt, auf den die Vorbereitung ja schon im September 2019 begonnen hatte und von Sandrina auch in der Lockdown-Phase sehr fleißig im Rahmen der Möglichkeiten fortgeführt wurde, hat sich das 16-jährige Ausnahmetalent nun verdientermaßen in den Urlaub verabschiedet. Nach Absprache mit ihren Trainern wird sie auch auf die sogenannte „Late Season“ verzichten, welche die im Sommer ausgefallenen weiteren Titelkämpfe auf Landesebene und auch die Deutschen Jugend-Einzelmeisterschaften im September nachholt, damit sie in einem Monat erholt und planmäßig in die Vorbereitungen auf die kommende Saison 2021 einsteigen kann. Wenn sie ihr jetziges Leistungsniveau dann wiederholen kann und Corona auch wieder internationale Meisterschaften zulässt, darf sich Sandrina Sprengel erstmals auch Hoffnungen auf eine internationale Nominierung machen.
Finn Schulz mit Kämpferherz auf Rang 9
Im Zehnkampf der Jungs startete der Sickinger Finn Schulz, der im letzten Jahr zusammen mit Kelmen de Carvalho und Lukas Ertl die deutsche Meisterschaft in der U18-Zehnkampf-Mannschaft gewonnen hatte, nach seiner fulminanten Steigerung im Qualifikationswettkampf im letzten Monat in Hechingen auf 6.618 Punkten hochmotiviert in einem ebenfalls großen Teilnehmerfeld von 24 jungen Zehnkämpfern. Beim Auftakt über 100m konnte er seine großen Fortschritte im Sprint von diesem Jahr mit 11,54s erneut eindrucksvoll unter Beweis stellen. Auch beim Weitsprung knüpfte er an seine guten Leistungen an. Aber leider verschenkte er am Brett jeweils ziemlich viel, so dass er unter dem Strich mit „nur“ 6,02m zufrieden sein musste. Dann folgte seine Zitterdisziplin aus der letzten Zeit, das Kugelstoßen. Doch hier zeigte er sich sehr konzentriert und konnte die Trainingsfortschritte trotz der Anspannung bei diesem Saisonhöhepunkt überzeugend in den Wettkampf übertragen: neue persönliche Bestleistung mit 12,95m und eine Steigerung von fast zwei Metern gegenüber dem letzten Zehnkampf überkompensierten das kleine Missgeschick im Weitsprung. Nun folgte unüblicherweise bereits am ersten Tag der Stabhochsprung, auf den sich Finn nach den guten Trainingsresultaten zuletzt sehr gefreut hatte. Er konnte mit 4,00m seine PB einstellen. An 4,10m scheiterte der LGSZ-Athlet unglücklich, weil bei einem eigentlich übersprungenen Versuch die Latte noch durch den nachfallenden Stab touchiert und heruntergeworfen wurde. Bei den 400m, die den ersten Wettkampftag abschlossen, sah es zuerst so aus, dass Finn nicht ganz an seine Bestmarke heranlaufen konnte. Ein Konkurrent hatte ihm nach 200m schon fast 20m abgenommen. Doch die Kämpfernatur Finn Schulz ließ dies nicht auf sich setzen und kämpfte sich Meter um Meter wieder heran, um den Lauf sogar noch in starken 51,46s zu gewinnen. Damit lag er nach einem richtig guten ersten Tag exakt auf dem angestrebten 10. Rang.
Zu Beginn des zweiten Tages machte sich Finn als zuletzt starker Hürdenläufer Hoffnungen, weiter nach vorne zu kommen. Doch leider kassierte er an der dritten Hürde einen (unbeabsichtigten) Schlag eines auf der Nachbarbahn laufenden Konkurrenten in den Arm, der ihn ziemlich aus dem Gleichgewicht brachte. Er kann von Glück sagen, dass er sich noch einigermaßen auf den Beinen halten konnte und mit dafür respektablen 15,14s ins Ziel kam. Aber ein paar Punkte blieben doch auf der Strecke. Beim Speerwurf wollte Finn zu viel und traf etwas übermotiviert keinen seiner drei Abwürfe so richtig gut, so dass er sich mit 44,01m zufrieden geben musste. Dann folgte eine Schrecksekunde beim Hochsprung. Im Einspringen traten seine Schmerzen im Sprunggelenk wieder auf, welches er sich vor einem Monat beim Bruch seines Stabhochsprungstabes verletzt hatte. Der junge LGSZ-Zehnkämpfer übersprang noch unter Schmerzen 1,65m und musste dann aber schweren Herzens auf weitere Versuche verzichten. Dabei hatte er sich beim letzten Zehnkampf sogar auf 1,81m gesteigert. In Punkte umgerechnet fehlten ihm damit also ca. 160 Punkte. Als die U18-Jungs zum Diskuswurf mussten, setzte der besagte Starkregen ein und bei solchen Verhältnissen die Scheibe gut hinauszuschleudern, ist unheimlich schwierig. Aber Finn zeigte sich wie schon beim Kugelstoßen sehr fokussiert. Er setzte seine technischen Vorgaben geduldig um, und steigerte sich in seinem letzten Wurf sogar noch auf eine neue PB von 39,97m. Im abschließenden 1500m-Lauf lief er couragiert in 4:50min ins Ziel. Damit hatte er 6.481 Punkte gesammelt und eine tollen 9. Rang geschafft.
Niklas Kretschmer hatte im Mehrkampf der Männer/U23 mit 11,73s über die 100m einen ganz guten Einstand nach einer Vorbereitungsphase, die für ihn in diesem Jahr ausbildungs- und coronabedingt alles andere als planmäßig verlaufen war. Doch beim Weitsprung blieb er im strömenden Regen mit 5,94m deutlich unter seinen aktuellen Möglichkeiten, nicht zuletzt, weil er auch am Brett sehr viel verschenkte. Dies bedeutete für Niklas einen gewaltigen Dämpfer, den es erst einmal zu verarbeiten galt. Es folgte mit dem Kugelstoßen eine seine stärkeren Disziplinen. Doch der letztjährige deutsche U23-Vize-Zehnkampfmeister praktiziert die Drehstoßtechnik, was beim Regen noch viel mehr Schwierigkeiten bereitet, als bei der von den meisten Mehrkämpfern noch angewandten Angleit-Stoßtechnik. Das Ergebnis war dann auch leider entsprechend. Niklas musste sich mit 11,81m und dem vorletzten Rang bei den U23 im Kugelstoßen zufrieden geben, obwohl er auch nach dem aktuellen Leistungsstand eher als stärkster Stoßer in der teilnehmenden Gruppe der U23 einzuschätzen gewesen wäre. Damit hatte Niklas keine Hoffnung mehr, seinen nun schon beträchtlichen Rückstand auf die Konkurrenten im weiteren Verlauf noch aufzuholen. Nach den deutlichen Trainingsfortschritten brachte er ausgerechnet bei den Deutschen in Vaterstetten seine Möglichkeiten „überhaupt nicht auf die Platte“ und beendete den Zehnkampf vorzeitig.
Herzlichen Glückwunsch allen Athleten und Trainern!